Hintergründe und Perspektiven
Warum der Standort Schneverdingen geschlossen wurde
Seit 1986 besteht unsere Dialysepraxis im Heidekreis. In den zurückliegenden Jahren haben wir viele Veränderungen mitgemacht – wie auch das Gesundheitssystem insgesamt.
Im Jahr 2011 haben wir eine Zweigpraxis in Schneverdingen eröffnet, um die zu diesem Zeitpunkt immer weiter steigende Zahl an Dialysepatienten gut behandeln zu können. Der benachbarte Standort Soltau bot damals keine weiteren Kapazitäten für eine Erweiterung.
In diesem Jahr haben wir uns schweren Herzens entschieden, den Standort Schneverdingen wieder zu schließen. Alle unsere Patienten erhalten selbstverständlich weiterhin die notwendige Dialysetherapie, allerdings sind für einige Patienten die Fahrwege zur Praxis nun deutlich länger.
Ausschlaggebend für die Schließung waren drei Gründe:
- Wirtschaftlichkeit und Personalbindung
Um unserem hochqualifizierten Fachpersonal weiterhin ein angemessenes Gehalt zahlen zu können, können wir die bisherigen Doppelstrukturen nicht mehr aufrechterhalten.
Gehälter in Arztpraxen werden durch Honorare für erbrachte medizinische Leistungen finanziert. Für Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte gelten Tarifverträge. Die von uns erbrachten Dialyseleistungen werden nach einem festgelegten Vergütungskatalog (EBM und GOÄ) durch die Kassenärztliche Vereinigung – und damit von den Krankenkassen – vergütet. Die Lohnsteigerungen der letzten Jahre werden nur zu einem Bruchteil durch die letzten Anhebungen der Honorare ausgeglichen.
Hämodialysebehandlungen sind sehr personalintensive Leistungen. Unsere Patienten sind häufig in einem fortgeschrittenen Alter und leiden an einer Reihe von Erkrankungen, die auch während der Dialysebehandlung überwacht werden müssen. Qualifiziertes Personal ist schwer zu finden – und im wahrsten Sinne „kostbar“.
Als wir in diesem Jahr das Angebot erhielten, am Standort in Soltau unsere Praxisfläche zu vergrößern, haben wir beschlossen, beide Standorte zusammenzuführen und mit einem größeren Team alle Patienten in Soltau zu versorgen. Wir vermeiden so Doppelstrukturen und können flexibler auf Personalengpässe reagieren. Die Arbeitsbelastung für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter bleibt dabei grundsätzlich unverändert. Langfristig werden wir auf demselben hohen Niveau mit weniger, aber weiterhin gut bezahltem Personal arbeiten. - Verbesserte medizinische Versorgung
Unsere Patienten sind immer besser behandelt und benötigen seltener Dialyse.
Was sich zunächst wie ein Widerspruch anhört, ist das Ergebnis unserer ärztlichen Arbeit in den zurückliegenden Jahren. Wir Nephrologen sprechen von „Progressionsverzögerung“, wenn durch eine konsequente Therapie eines Patienten mit Nierenerkrankung die Funktion seiner Nieren über viele Jahre erhalten bleibt oder nur sehr langsam schlechter wird.
Das oberste Ziel eines Nephrologen ist es, seine Patienten möglichst lange von der Dialysebehandlung fernzuhalten. Durch den Einsatz moderner Medikamente, die frühzeitige Behandlung von Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes mellitus sowie durch regelmäßige ambulante Laborkontrollen und umfassende Aufklärung der Patienten über ihre Erkrankung kommen unsere Patienten immer „später“, d. h. erst in einem höheren Alter, an die Dialyse. Und ein großer Teil der Patienten kommt gar nicht mehr an die Dialyse, weil die erfolgreiche Therapie ein vollständiges Nierenversagen verhindern konnte.
Dank der guten Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Haus- und Fachärzten im Heidekreis sehen wir die allermeisten Patienten auch rechtzeitig und können die „Progression“ vermeiden.
Dies ist einer der wichtigsten Gründe für die sinkende Zahl der Dialysepatienten in unseren Zentren. Diese Entwicklung – vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung – sollte jedem Patienten mit Nierenerkrankung Mut machen. - Etablierung der häuslichen Dialyse (Peritonealdialyse)
Mittlerweile konnten wir einem Viertel unserer Dialysepatienten die „Bauchfell“-Dialyse anbieten, die den Vorteil hat, zu Hause durchgeführt werden zu können.
Dieses Verfahren ist gleichwertig zur Hämodialyse, die dreimal pro Woche in einem Dialysezentrum durchgeführt wird. Peritonealdialysen sind in der Regel nicht nur deutlich besser verträglich, sondern ermöglichen es dem Patienten auch, seinen Alltag weitgehend unverändert zu gestalten. Dies ist bei berufstätigen Patienten ein großer Vorteil. Deshalb haben sich mittlerweile 40 % unserer Patienten unter 60 Jahren für dieses Verfahren entschieden.
Peritonealdialysepatienten benötigen aus diesem Grund weniger Betreuung durch das Personal der Dialysezentren. Wir sehen diese Patienten in unseren Sprechstunden nur alle vier Wochen – und dann meist nur zur Bestimmung von Blutwerten und zur Therapieanpassung.
Aus diesen Gründen haben wir auch in anderen Zentren die Abläufe umstrukturiert. So findet seit diesem Jahr an den Standorten in Verden und Soltau keine Nachmittagsbehandlung mehr statt. Wir versuchen aber weiterhin, jedem Patienten so wohnortnah wie möglich seine individuelle Therapie anzubieten.
Durch verstärkte Zusammenarbeit mit dem Heidekreisklinikum Walsrode werden wir sogar das medizinische Angebot für nierenkranke Patienten im Heidekreis stärken. (Hierzu später mehr)
Abschließend möchten wir uns herzlich bei allen Patientinnen und Patienten für ihr Vertrauen sowie bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr großes Engagement bedanken.
Unser Ziel bleibt es, auch weiterhin eine hochwertige und menschlich zugewandte Versorgung für alle nierenkranken Patientinnen und Patienten im Heidekreis, Verden (Aller) und Rotenburg (Wümme) sicherzustellen.